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BDA-Stellungnahme: Tristesse in Serie

21. Juni 2018

Tristesse in Serie
Serieller und modularer Wohnungsbau der Wohnungswirtschaft

Wohnraum wird gebraucht: schnell, viel und günstig. Die Herausforderung besteht darin, trotz reduzierter Baukosten Gebäude mit vielfältigen Grundrissen, einem attraktiven Wohnumfeld und einer hohen städtebaulichen Qualität zu errichten. Die jüngst vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) vorgestellten, seriell und modular zu errichtenden Wohngebäude werden diesem Ziel nicht gerecht. Deutlich zeigt sich deren unzureichende architektonische und städtebauliche Qualität, die in Serie gebaut, wieder zu den bekannten Folgen des industrialisierten Wohnungsbaus führen wird. Darüber hinaus stellen sich nicht einmal die versprochenen Kosteneinsparungen ein, die im Median lediglich bei drei Prozent liegen und die unter Umständen von den erforderlichen Anpassungsplanungen zur Realisierung der Modellgebäude aufgebraucht werden. Der BDA weist auf drohende Fehlentwicklungen hin.

Verlust an Qualität beim Wohnen und im Quartier Erkauft wird die marginale Kosteneinsparung mit einem hohen Qualitätsverlust im Wohnen und in der Quartiersentwicklung. Weitestgehend unberücksichtigt lassen die standardisierten Wohngebäude Anforderungen an unterschiedliche Wohnformen für eine sich verändernde Gesellschaft, an eine soziale und funktionale Vielfalt im Quartier sowie an die Einbindung in städtische Mobilitäts- und Infrastrukturkonzepte. Die Erfahrungen mit seriellem Wohnungsbau haben gezeigt, dass diese Bauweise oft zu starr und unflexibel für eine gelungene städtebauliche Einbettung ist.

Es ist zu befürchten, dass sich in den entstehenden Wohnquartieren die Fehler der 1960er und 1970er Jahre wiederholen: Ausschließlich kostenoptimierte Wohngebäude werden die Bewohner aufgrund fehlender architektonisch-städtebaulicher und sozialer Qualität ausgrenzen und so das Entstehen lebenswerter Nachbarschaften in stabilen Quartieren erschweren.

Überschätzte Zeiteinsparung Die seriellen Wohnbauten sollen die behördliche Abstimmung für eine Genehmigung erleichtern. Erreicht werden kann allenfalls eine kürzere Genehmigungsphase, weil gebäudetechnische Parameter wie Wärmeschutz und Standsicherheit im Wiederholungsfall keiner behördlichen Zustimmung bedürfen. Die deutlich aufwendigeren Abstimmungen zur städtebaulichen Integration und zum Planungsrecht sind wie bisher zu erbringen.

Überschätzte Kosteneinsparung Trotz des Wiederholungsfaktors erreichen die vorgestellten seriellen Wohngebäude nach Angaben des GdW nur einen geringen Kostensenkungseffekt, der für Bau- und Planungskosten im Median lediglich um drei Prozent gegenüber konventionell erstellten Gebäuden aus dem Jahr 2016 liegt. Die Kosten betragen demnach 2.370 Euro statt der 2.444 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Das postulierte Einsparungspotential von 25 Prozent wird deutlich verfehlt. Die Kostensteigerungen im Wohnungsbau der jüngeren Vergangenheit sind zu großen Teilen von hohen Bodenpreisen beeinflusst. Aus diesem Grund werden die marginalen Kosteneinsparungseffekte serieller Wohngebäude von den hohen Bodenpreisen weitgehend kompensiert.

Verlust an Planungsqualität Für die Realisierung der vom GdW angebotenen Wohngebäude ist kein Vergabeverfahren erforderlich, das im Wettbewerb der Ideen nach der besten wirtschaftlichen, architektonischen und städtebaulichen Antwort für die konkrete Wohnungsbauaufgabe sucht. Die von den Bauunternehmen angebotenen standardisierten Wohngebäude werden als reine Bauleistungen vergeben. Aufgehoben wird damit das Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung, in dem der Architekt als Treuhänder des Bauherrn mit einer gesellschaftlichen Verpflichtung die Qualität sichert. Damit besteht die Gefahr, dass zunehmend Bauunternehmen auf Basis seriell geplanter Wohngebäude über Architektur und Städtebau entscheiden.

Vorschlag des BDA zur Kosten- und Zeiteinsparung durch intelligentes Planen und Bauen

Angesichts der hohen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum ist es notwendig, neue Planungs- und Baumethoden zu entwickeln. Der BDA steht den Überlegungen grundsätzlich offen gegenüber, zumal die industrielle Vorfertigung sowie seriell hergestellte Bauteile bereits heute ein wesentlicher Bestandteil des Planens und Bauens sind,. Die Lösung liegt jedoch nicht in der Standardisierung eines gesamten Gebäudes, sondern in der intelligenten Verknüpfung standardisierter Konstruktionsmethoden und vorgefertigter Bauteile. Durch deren Kombinationsmöglichkeiten und einem an den Besonderheiten des Ortes orientierten Entwurf, können Gebäude errichtet werden, die eine hohe Wohn- und städtebauliche Qualität zu tragbaren Kosten erreichen.