Neue Wohnformen und Wohntypen sind im Kontext der neuen Unübersichtlichkeit unserer Gesellschaft zu entwickeln. Sie sollten sich für unterschiedliche Lebensvorstellungen eignen und den sich wandelnden Wünschen und kulturellen Besonderheiten von Mietern und Käufern nachkommen: Wohnen mit der Familie, in der Gemeinschaft, mit hohem Anspruch oder mit minimalem Budget, Wohnen und Arbeiten kombiniert, Wohnen in teilbaren Einheiten, die sich an verschiedene Lebensphasen anpassen können. Das Unterschiedliche im Nebeneinander ermöglicht es, den bestehenden Stadtstrukturen vielfältige Wohnformen und Wohntypen hinzuzufügen. Die Durchmischung wird damit zum Programm. Wohnquartiere erfahren mit neuen Bewohnern einen qualitativen Zugewinn und eine soziale Erneuerung.

Gesellschaftliche Differenzierung. Gelernte Rituale verändern sich, traditionelle Wohnformen und Arbeitsabläufe lösen sich auf. An ihre Stelle treten immer differenziertere Lebensformen, die ganz unterschiedliche Anforderungen und individuelle Vorstellungen mit dem Wohnen verbinden. Zudem verleiht die zunehmende ethnische Vielfalt der Bevölkerung dem Bedeutungsverlust standardisierter Wohnungstypen eine zusätzliche Dynamik. Es gibt keine allgemeingültige Antwort darauf, wie zeitgemäße Grundrisse und Wohnungstypologien für die heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen aussehen können – es ist das Unterschiedliche im Nebeneinander.

Notwendigkeit des Möglichen. Die Angebote auf dem Wohnungsmarkt müssen differenzierter werden, Typologien sollten neu gedacht werden und die Nutzungsänderungen in verschiedenen Lebensphasen der Bewohner sind in die Grundrissgestaltung miteinzubeziehen. Ein flexibles, anpassungsfähiges Raumangebot – innerhalb der Wohnung oder im Verbund von Wohnungen – schafft besondere Wohnqualität. Gutes Wohnen, das sich durch Flexibilität, komplexe Raumstrukturen und Großzügigkeit auszeichnet, ist auch auf kleiner Fläche in konzentrierter Form realisierbar. Gebraucht werden nutzungsoffene, vielschichtige Raumgefüge – Möglichkeitsräume.

Wohnen ist gesellschaftlicher Ausdruck. Das gesellschaftliche Neben- und Miteinander findet Ausdruck im Wohnen. Wohnen muss sich für eine bestimmte Nachfrage qualifizieren, für die Wünsche seiner Mieter oder Käufer. Dafür müssen wir Grundrisse entwickeln, die den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen entsprechen. Deshalb muss das Entwerfen des Wohnens im Dialog zwischen Bewohnern und Entwerfern geschehen. Die gestalterischen Professionen sollten sich jedoch wieder mehr in die gesellschaftliche Diskussion über das Wünschbare im Wohnen einmischen.

Wohnen ist gesellschaftliche Aufgabe. Um neue Wohn- und Arbeitstypologien umsetzen zu können, brauchen wir eine Vernetzung vieler Akteure der Wohnungswirtschaft. Den Architekten fällt hierbei über die klassischen Leistungsphasen hinaus eine Schlüsselrolle zu, um gemeinsam mit Gesellschaft, Politik und Ökonomie eine Vielfalt des Wohnens für unterschiedliche Lebensbedürfnisse umzusetzen. Die aktuelle Wohnungsnot sollte als Chance gesehen werden, neue Wohnkonzepte zu realisieren, die sich an das jeweilige Nutzerprofil anpassen. Hier ist mehr Mut zum Experiment gefragt. Wohnkonzepte, die von bestehenden Normen und Standards abweichen, bereichern das Angebot am Wohnungsmarkt einer Stadt und deren Durchmischung.

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