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Nachbericht: BIM Workshop, Teil 1

16. November 2017

19. Oktober 2017, 19:00 Uhr
Geschäftsstelle des BDA Bayern

Building Information Modeling (BIM) ist in aller Munde. Politik, Bauindustrie und vor allem die Softwarehersteller versuchen seit Jahren endlich auch den Architekten die ganzheitliche digitale Planungsmethode schmackhaft zu machen. Inzwischen ist eines sicher: BIM wird kommen.

Während sich die Veranstaltung „BDA im Gespräch – SIMSALA BIM“ im April 2015 auf Grund der insgesamt noch sehr dünnen Informationslage – ganz allgemein dem Thema BIM näherte – mit entsprechend Befürwortern und Skeptikern im Publikum gleichermaßen – lag der Schwerpunkt des jetzigen Workshops auf den tatsächlichen Anforderungen an Büros bei der Umstellung auf das Arbeiten mit BIM. Das lag nicht zuletzt an der Auswahl der Vortragenden, die den Mythos BIM entzauberten, indem sie ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der digitalen Methode an konkreten Projekten erläuterten.
Durch das breite Spektrum unterschiedlichster Arbeitsweisen, Aufgabenstellungen, und Architektursprachen wurden das Potenzial und die Schwachstellen von BIM äußerst anschaulich vermittelt, sodass jeder der knapp 40 Zuhörer mit dem Gefühl nach Hause ging, endlich verstanden zu haben, um was es bei BIM wirklich geht und welche Bandbreite unterschiedlichster Anwendungen die digitale Methode dem Architekten ermöglicht. Fragen und noch zu klärende Probleme wie z.B. zum Urheberrecht, zur Haftung, zur gemeinsamen Arbeit am 3-D Modell und der Geltendmachung von Sonderleistungen innerhalb der HOAI wurden angesprochen, konnten aber innerhalb der begrenzten Zeit nicht erschöpfend diskutiert werden. Eine Fortsetzung der Veranstaltung am 01.02.2018 ist zur weiteren Vertiefung geplant.

Als Einführung zu den drei Fachvorträgen fasste Markus Denzlinger, Vertriebsleiter Nürnberg bei Schnitzer&, die wichtigsten Begriffe rund um das Thema BIM zusammen.
Zunächst räumte er ein, dass es selbst für Software-Spezialisten schwierig sei, sich in den bisher verfügbaren unterschiedlichen Handbüchern und Standards zu BIM zurechtzufinden, zumal viele Publikationen den gesamten Bauprozess mit allen Beteiligten umfassen und nicht auf die Architekten maßgeschneidert sind. Es sei kein Wunder, wenn sich Architekten bisher durch unübersichtliche und viel zu umfangreiche Handbücher und Standards von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema abschrecken lassen.

BIM Handbuch der Bundesarchitektenkammer
Seit kurzem steht nun aber das klar gegliederte 90-seitige Handbuch der Bundesarchitektenkammer zur Verfügung: „BIM für Architekten, Leistungsbild, Vertrag, Vergütung“, das auf der Website der Bundesarchitektenkammer veröffentlicht ist. Auf einen kurzen Nenner gebracht könne man BIM mit Life Cycle Management gleichsetzen, die digitale Methode geht also weit über CAD und 3D-Modelle hinaus und umfasst in allen Projektabschnitten zusätzliche Daten, so genannte Attribute, wie Spezifikationen, Termine, Kosten, Massen etc.

Little BIM statt Big BIM
Da BIM in ganz unterschiedlichem Umfang bei jedem Bauvorhaben von jedem Beteiligten ganz individuell eingesetzt werden kann, ist es wesentlich, die wichtigsten Begriffe zu kennen: Big BIM, das heißt die Einbeziehung aller Beteiligten über den gesamten Life Cycle des Gebäudes, wird bisher nur bei wenigen Projekten eingesetzt. Das Leistungsbild des Architekten in diesem Gesamtprozess wird als Little BIM bezeichnet. „Ohne little BIM wird es kein Big BIM geben“ stellte Markus Denzlinger fest, zunächst sei es also wichtig den Arbeitsprozess des Architekten auf das Potential von BIM zu untersuchen.

Open BIM statt Closed BIM – offenes Datei-Format IFC
Entscheidend sind dabei die Schnittstellen zu Bauherren, Fachplanern und Firmen. Arbeiten alle Beteiligten mit dem Programm des gleichen Software-Herstellers spricht man von Closed BIM und von Kompatibilität der Systeme. Weitaus verbreiteter ist Open BIM mit offenen Schnittstellen unterschiedlicher Programme. Die Fähigkeit Daten über diese offenen Schnittstellen auszutauschen, nennt man Interoperabilität. Für CAD übliche Dateiformate wie dwg. oder dxf. sind allerdings nicht in der Lage, die erforderlichen digitalen Zusatzinformationen interoperabel abzubilden. Daher ist Open BIM charakterisiert durch das offene Dateiformat Industry Foundation Classes (IFC), das nicht nur 3D-Modelle, sondern auch zugeordnete Datensätze umfasst. Die IFC ist seit dem Release IFC4 ein offizieller ISO-Standard – ISO 16739:2013.

LOD–der Fertigstellungsgrad
Entscheidend während des Bearbeitungsprozesses im Rahmen von BIM ist nicht zuletzt der Grad der Fertigstellung der so genannte Level of Detail bzw. Level of Development (LOD).
Soll der Architekt jede Kante eines Fensterbretts im 3D Modell bauen und zu welcher Planungsphase ist welche Detailtiefe sinnvoll? Zu Beginn der Planung liegen oft nicht alle Informationen vor, außerdem wird das Datenmodell durch einen zu hohen Detaillierungsgrad und die damit verbundene Datenmenge schwerfällig zu handhaben. In jedem Fall ist der gewünschte LOD je Planungsphase klar mit dem Bauherrn zu vereinbaren und für den eigenen Arbeitsprozess mitzudenken.

Kriterien für die Wahl der richtigen BIM-Software
Schließlich stellt sich für jeden Architekten die Frage, nach welchen Kriterien er die für ihn passende BIM-Software aus dem umfangreichen Angebot der am Markt verfügbaren zertifizierten Programme er auswählen soll. Auch hier rät Markus Denzlinger zur Beschränkung auf das Wesentliche: „ohne little BIM kein Big BIM“. Für Architekten bedeute das, als Einstieg den Schwerpunkt auf Entwurf, Genehmigung und Werkplanung zu legen und weniger auf den Vorentwurf und die Bau- und Nutzungsphase.

Die Schlüsselkriterien für effiziente Planungssoftware sieht Denzlinger in drei Bereichen:

• einfache und logische? Projektkoordination und Dokumentation
– Geschosse, Schnitte, Ansichten, Details…
– automatische /assoziative Maße, Marker, Etiketten…
– grafische Elemente, Bildschraffuren,, Farbverläufe
– einfache Visualisierung
– automatische Auswertung von Bauteilen und Raumfläche
• effiziente Zusammenarbeit im Büro
– automatische Datenausgabe/Datenexport
– gemeinsame und gleichzeitige Projektbearbeitung (Teamwork)

• vielschichtige Kommunikation
– klassische Ebenenstruktur(Layer)
– vielfältiger Datenaustausch(2D/3D-Schnittstellen, Auswertungen)
– Unterstützung mobiler Geräte(Smartphones/Tablets)
– offene Standards (IFC/open BIM)
– anpassbare Klassifizierungen

Trotz der Standardisierungen im Rahmen der Umstellung auf BIM sei es wichtig,
dass der Architekt nicht Dienstleister in einer Supply-Chain wird, sondern Treuhänder des Bauherrn bleibt, so Denzlinger. Damit BIM möglichst schnell zu einem selbstverständlichen Tool künftiger Architekten wird, wünschte sich Denzlinger zum Abschluss seiner Einführung, dass Studierende gleich zu Beginn ihres Studiums beginnen, mit 3D-Modellen zu modellieren, anstatt wie bisher zu zeichnen.

BIM wird zur Norm
Den ersten der drei Fachvorträge hielt Andreas Baum von baum-kappler architekten GmbH aus Nürnberg. Als Entsandter der Bayerischen Architektenkammer im Normenausschuss BIM Building Information Modeling und als stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises BIM im Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. AHO stellte er nicht nur seine Erfahrungen mit BIM bei konkreten Bauprojekten vor, sondern zudem Ergebnisse seiner Verbandsarbeit.

Wie bei allen Normen besteht auch für die Normierung von BIM eine Übernahmepflicht der internationalen ISO-Norm (TC59/SC13) über die europäische CEN-Norm (TC442) auf die nationale Norm (NA005-0139AA BIM).

Sonderleistungen und Verschiebungen von Leistungen in frühere Leistungsphasen honorarfähig machen
„BIM stellt die HOAI nicht infrage“, so Baums wichtigste Aussage. »Allerdings verschieben sich Leistungen wie die Festlegung auf Massen und Materialspezifikationen in frühere Leistungsphasen. Da gilt es diese Leistungen honorarfähig zu machen.« Um die Architekten dabei zu unterstützen arbeitet der AHO in seiner Publikationsreihe „grüne Hefte“ an einer Ausgabe zur Honorierung besonderer Planungsleistungen mit BIM, die noch im November erscheinen soll. BIM funktioniert nur, wenn bereits in einer frühen Leistungsphase die Freigabe sämtlicher Details und Kosten erfolgt, ohne weitere Änderungen.

Little BIM – Holzbau der Krankenpflegeschule in Neudettelsau
Bei der Projektbearbeitung konkreter Bauten setzt das Büro baum – kappler, je nach Konstellation und Anforderung der Beteiligten, BIM im begrenzten Maß oder auch umfassend ein. So blieb der Einsatz von BIM bei der Krankenpflegeschule in Neudettelsau auf den Holzbau von Dach und Fassade beschränkt, der an einen Teil-Generalunternehmer vergeben wurde. Der hohe Grad der Vorfertigung ermöglichte eine Montagezeit von nur sieben Tagen für den Holzbau, bei einer gesamten Bauzeit von sieben Monaten.

BIG BIM – Bauen für die amerikanischen Streitkräfte
Bei Bauten für die amerikanischen Streitkräfte wird BIM seit 2008 sehr umfassend eingesetzt. Insgesamt vier Projekte im Bereich Gesundheit und Ausbildung hat das Büro baum-kappler bisher für die US-Armee realisiert. Standardisierung ist hier ein wesentlicher Faktor, damit sich zum Beispiel Ärzte, die weltweit tätig sind, im jeweiligen Standort ohne Umgewöhnung an die lokalen Verhältnisse schnell orientieren können. Um den Datenaustausch zu standardisieren gibt der Bauherr das COBIE 1- Format vor. Bei einzelnen Bauvorhaben kommt es vor, dass der Architekt nach dem Wettbewerb als Generalplaner eingesetzt wird und ihm die Fachplaner vom Bauherrn zugeteilt werden. Als besondere Leistungen konnten die Architekten die Erstellung eines Raumbuchs und die Visualisierung in 4D geltend machen, den zusätzlichen Aufwand für die Bearbeitung mit der BIM Methode vergütete der Bauherr bei einem Bauvorhaben z.B. mit 32000 Euro.

Vergaberecht – mit dem preisgünstigsten Anbieter ist BIM nicht realisierbar
Viele Bauherren sind noch nicht in der Lage BIM zu beherrschen. Auch bei der Weiterführung von BIM auf die Baustelle stießen die Architekten aufgrund der Vergaberichtlinien der Landesbaudirektion schnell an die Grenzen der Umsetzung der digitalen Methode: Der nach Vergaberecht ausgewählte preisgünstigste Anbieter war nicht bereit zu diesem niedrigen Preis BIM-Leistungen zu erbringen.
Oft ändern sich während der Bauphase Detailausführungen, müssten eigentlich die Daten des 3D-Modells entsprechend der As-Built-Pläne angepasst werden. Dazu muss die Software anpassbar sein, um im Nachhinein Informationen einzupflegen. Auch dies wurde bei dem vorgestellten Bauvorhaben nicht beauftragt, hier sieht Andreas Baum ein für die Zukunft weiteres Leistungsbild mit einer Extra-Vergütung für Architekten.

Permanente Weiterbildung der Mitarbeiter
Die finanziellen Mehraufwendungen für den Einsatz von BIM bestehen für baum-kappler nicht nur in der ständigen Aktualisierung der Hard- und Software auf den neusten Stand, sondern auch in der permanenten Fortbildung der Mitarbeiter. Einmal im Monat führt das Büro eine ganztägige Inhouse-Weiterbildung durch, bei der ein BIM Spezialist von Nemetschek hilft, die Arbeitsprozesse beim Blick über die Schulter der Mitarbeiter zu optimieren.

3D-Datenabgleich ohne die Planungshoheit zu verlieren
Open BIM suggeriert die Gefahr, dass bei freiem gleichzeitigem Zugriff auf das 3D-Modell, der Haustechniker Durchbrüche vergrößert, ohne den Tragwerksplaner zu informieren. Damit dies nicht passieren kann gibt es Plattformen für den Datenaustausch, bei denen die Planungshoheit beim Architekten bleibt, zum Beispiel Allplan BIMPLUS von Nemetschek. Um die Interoperabilität ihrer BIM Daten zu überprüfen, ließen baum-kappler den Spezialisten Thomas Liebich von AEC 3 ihre Daten über die Plattform Solibri Checker auswerten. Mit diesem Programm ist es möglich, BIM Daten unterschiedlicher Fachplaner übereinander zu legen, um Kollisionsprüfungen durchzuführen, ohne dass die Daten des originären 3D-Modells modifiziert werden können.

„BIM-Spezialisten müssen alle Mitarbeiter auf die Innovationsreise mitnehmen“
Den zweiten Fachvortrag hielt Michael Lohmann, Head of Design Technology bei Delugan Meissl Associated Architects aus Wien. Für Delugan Meissl ist BIM erst die letzte Stufe im Planungsprozess nach den klassischen Werkzeugen von Skizze, Modellbau und virtuellem 3D-Modell. „Es bringt nichts, wenn man in einem Architekturbüro BIM-Spezialisten hat, die ihr Wissen nicht weitergeben. Für uns ist BIM ein Schritt auf der Innovationsreise, für die wir alle Mitarbeiter begeistern müssen.“
Die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen BIM-Prozess sieht Michael Lohmann in experimentierfreudigen und lernfreudigen Bauherren. Auch Lohmann sieht einen wesentlichen Unterschied bei der Projektbearbeitung mit BIM in der Verschiebung der Leistungsphasen nach vorne, wie es Patrick MacLeamy, von HOK und Vorsitzender von buildingSMART international in seinem bekannten Kurvendiagramm beschreibt. Wichtig sei es, Mehrleistungen durch BIM von vorn herein im Vertrag mit dem Bauherrn auszuhandeln. Bei komplexen Bauprojekten, wie dem Wohnen am Schweizergarten in Wien, bei dem sich Delugan Meissl das Gesamtbauvorhaben mit Coop Himmelblau teilen, sei es besonders wichtig, in einem Lastenheft die Vergütung der koordinierten BIM-Leistung vertraglich zu sichern. Unter anderem sei hier der LOD Level of Detail (bzw. Level of Definition oder Level of Development) vertraglich genau zu vereinbaren.

Digitale Kick-offs mit Fachplanern
Um den Erfolg der digitalen Methode zu garantieren und die Schnittstellen zwischen Architekten und Fachplanern von Beginn an abzuklären wird der Pflege des digitalen Modells die gleiche Sorgfalt gewidmet, wie der fachlichen Planung. In digitalen Kick-offs vereinbaren Delugan Meissl Datenaustauschformate, wobei auch in diesem Büro die Architekten die Planungshoheit behalten. Für die interne Kommunikation verwenden sie Cloud basierte ftp-Server wie Seafile oder BIMx Pro oder BIM cloud von Graphisoft. So haben die Mitarbeiter unterwegs und auf den Baustellen selbst mit dem Tablet Zugriff auf das 3D Modell und können an jedem beliebigen Standort Grundrisse und Schnitte generieren. Für Architekten, die Bauten von Korea bis München realisieren, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Solibri setzen Delugan Meissl als Kollisions-Checker und zur Layer-Ausgabe ein. Mit der büroeigenen Entwicklung des Programms INSPACE ist es zudem möglich, BIM Modelle virtuell aus der Sicht des Nutzers begehbar zu machen.

Little BIM light – individuelle Betonbalkone der Wohnanlage Cincinattistraße
Dass die Effizienz von BIM nicht auf Stararchitektur und Großprojekte mit komplexen Gebäudegeometrien beschränkt ist, zeigte der dritte Fachvortrag, bei dem Michael Willimek, BIM-Manager im Münchner Architekturbüro Brechensbauer, Weinhart + Partner, alltägliche Bauaufgaben im kleineren Maßstab vorstellte.
Michael Willimek machte anhand verschiedener Projekte sehr anschaulich deutlich, dass es oftmals gerade nicht die Architekten sind, die sich einer durchgängigen Planung mit der BIM-Methode verschließen. So war bei der Planung des Instituts für Physik in Garching kein Fachplaner bereit mit BIM zu arbeiten, da die Mehrleistung nicht vom Bauherrn beauftragt wurde. Selbst bei so komplexen Aufgaben wie dem Krankenhausbau, arbeiten die Fachplaner für die Medizinausstattung noch mit 2D-Dateien.
Im Gegensatz dazu überraschte Willimek mit einem auf den ersten Blick einfachen Bau, bei dem zumindest wesentliche Bauteile mit der BIM-Methode realisiert werden konnten: Das Pilotprojekt Wohnanlage Cincinattistrasse, bei dem im Rahmen einer Bestandsoptimierung dem Bestand eine Schicht aus verspringenden Balkonen aus Betonfertigteilen vorgestellt wurde. Für das Aufmaß der in jedem Raum individuellen Holzbalkendecken war der 3D Laserscan eine große Hilfe, auch für die Massenermittlung der Abbrucharbeiten aus dem generierten 3D Modell. Als LOD reichte der Maßstab von 1:50 vollkommen aus.

Probleme bei der Planung bereitete die Tatsache, dass die bestehenden Fensteröffnungen stark unterschiedliche Abstände aufwiesen und Schäden an den Bestandsdecken erst während der Baumaßnahme zu Tage traten. Das machte es erforderlich die Daten des 3D-Modells , erstellt nach dem exakten Aufmaß mit 3D-Laserscannern, dann den nach dem Scan erscheinenden Schäden anzupassen. Auch hier zeigte sich, wie notwendig es ist, den Datensatz während der Baumaßnahme kompetent zu befüllen und bei Änderungen zu pflegen, um letztendlich die Daten nach Fertigstellung an das Facility Management weitergeben zu können. Auch Willimek sieht hier das Potenzial für neue Leistungsbilder der Architekten, unter der Voraussetzung, dass die Vergütung für den anfallenden Mehraufwand vertraglich festgelegt wird.
Mit dem IFC-Dateiformat hat das Büro gute Erfahrungen gemacht – auch bei riesigen Datenmengen konnten Bauteile korrekt attribuiert werden. Mithilfe von Filtern war es möglich mit den Fachplanern nicht das gesamte 3D Modell, sondern nur die Informationen für tragende Bauteile auszutauschen.

Aufgrund der baulichen Gegebenheiten des Bestands und die minimalen Toleranzen von maximal 5 mm mussten die Betonfertigteile für die Balkone mit einer jeweils individuellen Geometrie ausgeführt und logistisch aufwändig, just in time auf die Baustelle geliefert werden. So wurde jedes einzelne Fertigteil im 3D Modell mit dem Attribut des exakten Liefertermins auf die Baustelle dem Betonbauer weitergegeben. Daraus ergab sich der Vorteil, dass mit einem Viewer jedes Fertigteil mit allen Attributen, wie z.B. der individuellen Lage des Regenablaufs oder der Verankerungsmittel, einzeln ausgelesen werden konnte.

Abschlussdiskussion
Wesentliche Fragen der Abschlussdiskussion betrafen die Honorierung. Nach geltender HOAI wird ein Informationsmanagement, wie es BIM dem Bauherren zur Verfügung stellt, nicht geschuldet. Visualisierungen und die Bereitstellung von Plänen, ggf. 3D-Modellen, sind Bestand des Werkvertragsrechts und müssen vom Bauherrn nicht extra honoriert werden. »Für BIM braucht es noch immer willige Beteiligte« stellte nicht nur Michael Willimek fest.
Eine Zusatzvergütung kann dann argumentiert werden, wenn die Daten aus dem BIM Modell für nachfolgende Planer, Facility-Manager oder den Bauherrn einen Mehrwert darstellen. Besonders relevant wird dies, wenn der Architekt Leistungen in frühen Leistungsphasen erbringen muss, um das Modell zu erstellen, dann aber nicht weiterbeauftragt wird. Bei gleichzeitiger Arbeit am 3D Modell gesellen sich noch Fragen des Urheberrechts dazu.
Ein weiteres offenes Thema ist der Einfluss der Bauindustrie auf die Ausschreibungen. BIM-kompatible Produktelemente sind praktisch für die interne Planung. Um den Anforderungen einer produktneutralen Ausschreibung gerecht zu werden, wünschten sich viele der anwesenden Architekten eine Möglichkeit, die Firmenprodukte neutral zu schalten.
Ein großes Potenzial der Arbeitserleichterung sieht Michael Lohmann in der Überprüfung auf Normgerechtigkeit der Detailplanung, wie das bereits Programme wie Predictive Design von Archicad 21 anbieten.
Einen großen Bedarf sahen alle Anwesenden bei der Ausbildung von BIM-Managern und dem momentan bestehenden eklatanten Mangel an Spezialisten: welcher gute Architekt mit Berufserfahrung und entwerferischem Gespür möchte sich schon für den Rest seiner Karriere ausschließlich mit Datenmodellen beschäftigen?

Am Ende der Veranstaltung war das komplexe Thema BIM zur Zufriedenheit der Teilnehmer sehr intensiv beleuchtet. Der Abend zeigte aber umso mehr, dass es nicht mehr um die Frage geht, ob BIM kommt oder nicht, sondern wie die Architekten die Implementierung von BIM in ihren Berufsalltag vorantreiben können und wie der BDA als Berufsverband die Rahmenbedingungen mitgestalten kann, damit auch die Architekten von der neuen Technologie profitieren. Und dazu gibt es noch ausreichend Fortbildungsbedarf in weiteren Workshops zu diesem wichtigen Thema. Rainer Post, Referent für Honorar- und Baurecht, digitales Planen und Bauen, Verantwortlich für die Konzeption und Moderation der Veranstaltung, verwies abschließend auf den zweiten Teil des Workshops am 1. Februar 2018.

Frank Kaltenbach

Links zum Thema:
https://www.byak.de/planen-und-bauen/architektur-technik/building-information-modelling-bim/basiswissen-bim.html

https://www.byak.de/planen-und-bauen/architektur-technik/building-information-modelling-bim.html

Download Handbuch der Bundesarchitektenkammer »BIM für Architekten, Leistungsbild, Vertrag, Vergütung«:
http://www.aknw.de/mitglieder/veroeffentlichungen/publikationen/bim-bak/

IFC-Dateiformat:
https://www.buildingsmart.de/bim-knowhow/standards

 

 

Klaus-Peter Segatz
Klaus-Peter Segatz
Referent Andreas Baum (Baum + Kappler)

 

Referent Michael Willimek (Brechensbauer Weinhart + Partner)

 

Klaus-Peter Segatz
Klaus-Peter Segatz
Referent Michael Lohmann (Delugan Meissl ZT GmbH) mit Rainer Post (Referent für Honorar- und Baurecht im Landesvorstand des BDA Bayern)

 

Kalus-Peter Segatz
Kalus-Peter Segatz
Rainer Post eröffnet den geselligen Teil des Abends