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Das aktuelle Urteil: Stufenweise Beauftragung = Stufenweise Haftung und Verjährung!

14. Dezember 2016

Das OLG Brandenburg hat mit seinem Urteil vom 16. März 2016, 4 U 19/15, festgestellt, dass der Architekt bei stufenweiser Beauftragung nur die bereits beauftragten Leistungen als eigenständigen Werkerfolg schuldet. Dies hat zur Folge, dass sich die Frage der Mangelhaftigkeit und damit auch der Beginn und das Ende von Mängel- bzw. Gewährleistungsansprüchen selbständig auf dieses Planungsstadium bezieht.

Der Auftraggeber hatte die von ihm im Rahmen der Sanierung einer Leichtathletikhalle beauftragten Architekten verklagt. Er beantragte die Feststellung der Einstandspflicht der Architekten für bereits entstandene und noch entstehende Schäden, die daraus resultierten, dass der Dachaufbau die zulässige Dachlast überschritten habe.

Unabhängig von den weiteren, im Rahmen der Entscheidung zu beurteilenden Aspekten wie Mangelhaftigkeit, Abnahme, schlüssige Darlegung einer fehlerhaften Architektenleistung etc. ist an diesem Urteil praxisrelevant und interessant, dass das OLG Brandenburg hier strikt zwischen den einzelnen, stufenweise beauftragten Leistungen der Architekten unterscheidet. Im Ergebnis bestätigte das OLG die Klageabweisung durch das Landgericht, weil Verjährung eingetreten sei. Unabhängig davon, dass vorliegend die HOAI 1996 einschlägig war, sind die Erwägungen des OLG Brandenburg nach wie vor von Bedeutung. Das OLG ging davon aus, dass der zur Beurteilung stehende Vertrag kein Abrufvertrag war, bei dem eine einheitliche Beauftragung erfolgt und der Auftraggeber berechtigt ist, die Einzelleistungen abzurufen, sondern vielmehr ein Stufen- bzw. Optionsvertrag vorlag, bei dem jeweils nur die zunächst beauftragten Leistungen beauftragt wurden. Die Verpflichtung zur Erbringung weiterer Leistungen setzte eine gesonderte Beauftragung voraus.

Weiter heißt es in den Entscheidungsgründen wörtlich: „Bei stufenweiser Beauftragung schuldet der Architekt zunächst als selbständigen Werkerfolg nur diese bereits beauftragten Leistungen, demgemäß richtet sich die Frage der Mangelhaftigkeit – und damit auch die Verjährung von Mängel- bzw. Gewährleistungsansprüchen – selbständig nach diesem Planungsstadium (BGH, Urteil vom 18.09.1997, VII ZR 300/96 – Rdnr. 8).“

Auf dieser Basis bejahte das OLG also die Verjährung der Mangelansprüche. Das Urteil zeigt, dass stets sorgsam zwischen den einzelnen möglichen Vertragstypen zu differenzieren und vertraglich klarzustellen ist, ob es sich beispielsweise um einen Abruf- oder einen Stufenvertrag handelt. Liegt ein Stufenvertrag vor, sind die für jede Stufe der Leistungserbringung laufenden Gewährleistungsfristen gesondert zu beurteilen.

Dr. Andreas Koenen, Essen